Dieter Broers: Sein falscher Doktortitel und das afrikanische Königreich

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Es bleibt ein unbegreifliches Mysterium, wie ein Betrug dieser Größenordung fast vier Jahrzehnte unentdeckt bleiben kann – es ist kaum zu fassen. Zum einen ist das Ganze sicherlich dem Charisma von Dieter Broers zu verdanken. Doch was macht man, um in akademischen Kreisen ohne große Nachfragen anerkannt zu werden, selbst wenn man über kein abgeschlossenes Studium verfügt? Die Antwort lautet: Man steigt direkt oben ein und besorgt sich einen Doktortitel, dessen Herkunft so schnell keiner überprüfen kann – zumindest nicht Mitte der 80er-Jahre, wo es kein Google gab. Anhand mir vorliegender Dokumente tritt Dieter Broers seit dem Jahr 1985 ohne einen Abschluss als Dr. Dieter Broers auf.

Quelle: Muntendorf KG/150mhz.com

Dr. Broers bei Bank und Behörden

Aus meiner Zeit als Broers Lebensgefährtin verfüge ich, neben dem was ich recherchiert habe, und dem, was mir zugespielt wurde, über eine ganze Reihe von behördlichen Dokumenten, aus denen die umfangreiche Verwendung des gefälschten Doktortitels hervorgeht. Ich weiß, dass er bis zum heutigen Tagen bei allen diesen Behörden inklusive seiner Bank, seiner Sozialversicherung, seiner Wohngemeinde, etc. nach wie vor als Dr. Dieter Broers registriert ist. Mir liegen selbst notarielle Urkunden vor, die er mit Dr. Broers als Vertragspartner beurkunden ließ, womit auch Geschäftspartner mit seiner falschen Vita reingelegt wurden.

Einige Beispiele für den umfangreichen Einsatz des gefälschten Doktortitels

Auseinandersetzung mit Dr. Florian Freistetter

Als der Astronom, Journalist und Wissenschaftsautor Dr. Florian Freistetter bereits im Jahr 2009 das Thema Doktortitel und einiges zur wissenschaftlichen Qualität von Dieter Broers öffentlich machte, löschte Broers den Titel kurzfristig von seiner damaligen Webseite. Unabhängig davon verwendete er den Titel im Anschluss munter weiter und tritt damit nach wie vor gegenüber Behörden, Registergerichten, Versicherungen oder Banken auf.

Quelle: Screenshots von Dieter Broers Webseite 2009 / Astrodicticum simplex / Dr. Florian Freistetter

In Presse, Fachartikeln und bei Vorträgen

Egal ob in Interviews, im Internet, in Fachartikeln oder bei Auftritten als Vortragsredner. Dieter Broers hat den gefälschten Doktortitel immer wieder vielseitig eingesetzt und damit seine Legende vom seriösen Naturwissenschaftler über viele Jahrzehnte verfestigt. Sogar in der Ausgabe 1 / 2009 der Hörzu scheute Broers sich nicht, mit seinem falschen Doktor zu erscheinen.

Befeldungsgeräte mit gefälschtem Titel

Eine Zeit lang wurden auch die 150-MHz Befeldungsgeräte mit dem gefälschten Doktortitel verkauft. Später wurde beim „Dr.“ das kleine „r“ entfernt, sodass die Geräte nun mit „D. Broers“ bedruckt werden. Ein solches Gerät kostet laut Herstellerangaben ca 10.000 Euro. Wie viele derartiger Geräte sich noch im Umlauf befinden, weiß ich nicht. Auf der Webseite der Firma FM Elektronik wird Dieter Broers nach wie vor als Dr. eh. ausgewiesen:

Quelle: Screenshot (Ausschnitt)/Webseite FM-Elektronik e.K.

Gehäuse einer jeweiligen Serie der 150-MHz Befeldungsgeräte der Firma FM Elektronik

Mit den Inhabern der FM Elektronik hatte ich intensiven Austausch. Dort ist man ebenso auf den Doktorschwindel reingefallen, wie ein Großteil anderer Personenkreise. Zwischenzeitlich distanziert sich das Unternehmen auf seiner Webseite auch von Heilversprechen, welche Dieter Broers in der Öffentlichkeit getätigt hat (siehe Stellungnahme). Nach meinen Kenntnissen hat das Unternehmen ebenfalls juristische Schritte gegen ihn eingeleitet.

Rutherford University

Bis zum heutigen Tag wird die Legende verbreitet, dass Dieter Broers seinen Doktortitel ehrenhalber von der Rutherford University, einer Briefkasten-Firma, gegründet im afrikanischen Zwergkönigreich Swasiland (heute Eswatini), verliehen bekommen hätte. Das ehemalige Kolonialgebiet ist allerdings weniger dafür bekannt, eine große Wirkungsstätte der Biophysik zu sein, sondern dass dessen aktueller König Mswati III. als letzter absolutistisch herrschender Monarch des afrikanischen Kontinents gilt. Diese dubiose „Universität“ ist als sogenannte Titelmühle bekannt, bei der man bis vor einigen Jahren akademische Grade kaufen konnte.

Eine weitere Adresse unterhielt diese Pseudouniversität neben dem Hauptsitz in Afrika auch in den USA im Bundesstaat Wyoming sowie in der kanadischen Provinz British Columbia. Letztere hatte umfangreiche Ermittlungen aufgenommen und dem Geschäft mit dem Verkauf dieser Titel ein Ende bereitet. Selbstverständlich waren und sind Doktortitel dieser Institution nach hiesigem Recht illegal und dürfen weder in Deutschland noch in Österreich verwendet werden.

Screenshots Webseite Rutherford University sowie eine Google-Streetview Ansicht des USA-Office

Nachdem immer mehr Personen aus der ganzen Welt sich mit Anfragen über den Status dieser „Universität“ an die amerikanischen und kanadischen Behörden gewandt hatten, begann insbesondere Kanada mit einer aufwendigen Untersuchung. Im Anschluss wurde dem Treiben des Titelhandels dann endgültig der Boden entzogen und die Rutherford-University musste ihr Geschäft schließen. Die kanadische Provinz British Columbia hat den Vorgang für die Öffentlichkeit freigegeben, sodass dort über 200 Seiten Dokumentation dazu einsehbar sind. Weitere Informationen lassen sich in einem Wikipedia-Artikel nachlesen.

Quelle: Provinz British Columbia/Kanada

Die Legendenbildung via Secret Wiki

Eine ganz besondere Rolle um Broers Doktorweihen, fällt hierbei einem Eintrag über Dieter Broers auf dem Webportal Secret-Wiki zu. Dort wird zum einen sogar der Titel von Broers‘ angeblicher Doktorarbeit genannt, dieser soll lauten: „Influence of Weak Nonthermic High-Frequency Electromagnetic Fields on the Membrane Potential of Nerve Cells“. Eine einfache Google-Recherche fördert allerdings zutage, dass es sich dabei um eine wissenschaftliche Publikation von Dr. Uwe Kullnick handelt, zudem ich im Anschluss Kontakt aufgenommen habe – dazu später mehr. Broers hat demnach mutmaßlich wieder von anderen gestohlen. Er fühlt sich derart sicher, dass er offensichtlich nicht einmal davor zurückschreckt, eine Arbeit zu verwenden, die mit wenigen Klicks überprüfbar ist.

Der Betreiber von Secret-Wiki Dipl.-Ing. Stefan Seidner-Britting ist ebenfalls auf diese Falschinformation hereingefallen. Er wurde immer wieder in den Kommentaren seiner Leser auf die zweifelhafte Rutherford-University hingewiesen und hatte dann auch einen kritischen Hinweis zu dieser Titelmühle angefügt. Obendrein bestätigt er über den gesamten Kommentarbereich, sich zu den Angaben regelmäßig bei Dieter Broers Auskunft eingeholt zu haben. So wurde Seidner-Britting mutmaßlich ganz aktiv von Dieter Broers manipuliert. Auf diese Weise hat Secret-Wiki anscheinend unwissentlich bei der Verbreitung dieser Falschinformation bzw. der Legende von Broers‘ Doktortitel mitgewirkt.

Quelle: Secret-Wiki-Artikel von Dieter Broers

Auf meine E-Mail Anfrage an Secret-Wiki hin, was die genaue Quelle von Seidner-Britting für den Titel der Doktorarbeit war, nennt er mir einen nicht mehr abrufbaren Link, welchen ich allerdings über die Wayback-Machine rekonstruieren konnte. Es handelt sich um einen Newsletter von Rolf Keppler aus dem Jahr 2005, bei dem für einen Vortrag mit Dieter Broers geworben wurde. Auch Rolf Keppler wird sich den Titel dieser angeblichen Doktorarbeit sicherlich kaum selbst ausgedacht haben. Auch er dürfte sich mit Broers abgestimmt haben.

Quelle: Rundbrief Dez 2005/Jan 2006 von Rolf Keppler

Ersehnte Aufklärung bringt Dr. Uwe Kullnick

Meine Recherchen bei der Suche dem Titel „Influence of Weak Nonthermic High-Frequency Electromagnetic Fields on the Membrane Potential of Nerve Cells“ ergaben, dass diese Arbeit von dem Biologen Dr. Uwe Kullnick erstellt wurde.

Quelle: ScienceDirect/Elsevier

Aufgrund von Querverweisen anderer Dokumente wusste ich, dass Uwe Kullnick und Dieter Broers sich Ende der 80er-Jahre kennengelernt haben. Kullnick hatte damals maßgeblich das sogenannte Braunschweig-Symposium organisiert. Da Broers bereits Mitte der 80er-Jahre mit einem Doktortitel auftrat, hätte allerdings zumindest die theoretische Möglichkeit bestanden, dass Herr Kullnick bei ihm abgeschrieben hätte. Auf meine E-Mail-Anfrage hin, hat mir Dr. Kullnick sofort ausführlich geantwortet und mir – neben anderen Hinweisen – die beiden folgenden Angaben mitgeteilt:

Selbstverständlich habe ich nicht aus einer Diss von Herrn Broers abgeschrieben. Diese lag mir zu keiner Zeit vor, noch kenne ich jemanden, der sie gesehen hätte. [Hinweis: ‚Diss‘ = lat. Dissertation und bedeutet Doktorarbeit/Doktorschrift]

Ich habe Herrn Broers über Frau Dr. K. [Hinweis: Name anonymisiert] (Berlin) ca. 1989 kennengelernt. Er führte schon den Dr. Titel. (eines Biophysikers, glaube ich mich zu erinnern). Es gab damals keinen Anlass, diese Angabe zu hinterfragen.

Es steht damit für mich zweifelsfrei fest, dass Dieter Broers sich auch in diesem Fall einmal wieder mit fremden Federn schmückt. Wer nach wie vor an meinen umfangreichen Nachweisen zweifelt, der möge bei ihm direkt nach seinem Diplom und seiner Promotionsurkunde/Doktorarbeit anfragen. Eine Doktorarbeit muss im Übrigen veröffentlicht und im Archiv der Universität, bei welcher der Titel erlangt wurde, hinterlegt werden. Ich habe alle in Frage kommenden Universitätsarchive angefragt. Niemand hat einen Eintrag zu einer solchen Publikation von Dieter Broers. Vielleicht wird jemand im Königreich Swasiland (Eswatini) fündig.

Meine Recherchen gehen weiter und ich habe tatsächlich noch viel unveröffentlichtes Material von hoher Tragweite.

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